Wer sich im Bereich Physiotherapie selbstständig machen will braucht mehr als nur ein paar Jahre Berufserfahrung. Denn den Traum von einer eigenen Physiotherapiepraxis umzusetzen, braucht Durchhaltevermögen, Willensstärke und einen langen Atem. Wir gehen in unserem Text auf das Thema Physiotherapiepraxis eröffnen ein, klären die Frage, ob Privatpraxis, Gemeinschaftspraxis oder Übernahme eines bestehenden Unternehmens und schreiben über die Voraussetzungen und die Zulassung einer Privatpraxis. Außerdem nennen wir Kriterien für die Kassenzulassung, gehen auf die Standortwahl und Personalplanung ein, klären Fragen zur Rechtsform und Steuern und erörtern anschließend alles zum Thema Marketing und Businessplan. Zum Schluss erläutern wir noch ein paar häufig gestellte Fragen.
Physiotherapiepraxis eröffnen
Um eine Physiotherapiepraxis zu eröffnen braucht es gewisse Grundvoraussetzungen sowohl auf persönlicher Ebene als auch von den Räumlichkeiten her. Auf persönlicher Ebene sind zunächst die Eigenschaften zu nennen, die jeder Gründer haben muss, um sich auf einem bestehenden Markt durchzusetzen. Durchhaltevermögen, Willensstärke und ein langer Atem sind neben einer Ausbildung zum Physiotherapeuten in jedem Fall notwendig, um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Zusätzlich ist es ratsam mindestens fünf Jahre Berufserfahrung mitzubringen und es darf nicht an Kapital fehlen, um erste Investitionen zu tätigen.
Hinzu kommen noch die Mindestanforderungen an die Räume und Ausstattung vom GKV-Spitzenverband. Hierzu zählen die Mindestgröße der Praxis mit 50 Quadratmetern und die Mindestgröße der Therapiefläche mit 32 Quadratmetern. Es gibt noch weitere Vorgaben für die Behandlungsräume, Fußböden, Toiletten und Waschgelegenheiten, auf die wir hier nicht genauer eingehen. Bei beschäftigten Mitarbeitern, muss zudem die Arbeitsstättenverordnung beachten werden. Aber auch im Bezug auf die Ausstattung gibt es Mindeststandards. So benötigt man mindestens zwei Behandlungsliegen in voneinander getrennten Kabinen und zudem eine transportable für Hausbesuche. Zudem braucht es für jede Kabine Übungsgeräte, Therapiematten und eine Notrufanlage. Werden all diese Punkte beachtet, so sind vor der Gründung noch einige andere Themen zu klären.
Privatpraxis, Gemeinschaftspraxis oder Übernahme eines bestehenden Unternehmens?
Wird der Traum einer eigenen Praxis verfolgt, muss das nicht immer bedeuten, dass allein in eigenen Räumlichkeiten praktizieren werden muss. Es gibt auch andere Wege, die durchaus Vorteile bieten können. Wenn im Vorfeld ein oder mehrere Partner gesucht werden, besteht die Möglichkeit gemeinsam eine Praxis zu eröffnen. Know-How, Kompetenzen und Fähigkeiten werden so erweitert und jeder einzelne kann davon profitieren.
Es ist auch nicht unbedingt notwendig neu zu gründen: Alternativen dazu wären die tätige Beteiligung an einer etablierten Praxis sowie die Gründung als Franchisenehmer oder die Übernahme einer bestehenden Praxis. Etablierte Unternehmen haben häufig Probleme eine Nachfolge zu finden und müssen altersbedingt schließen. Es ist ratsam sich in seinem Netzwerk und an seinem Wunschstandort umzuhören, ob eine Praxis zum Verkauf bzw. zur Weiterführung steht. Beim Weiterführen einer bestehenden Praxis, profitiert man zum Beispiel vom bestehenden Kundenstamm, aber auch dem eingespielten Team.
Privatpraxis Physiotherapie Zulassung für die Kasse
Wenn der Plan ist, seine Behandlungen auch über die gesetzliche Krankenkasse abrechnen zu lassen, so muss die Praxis gewissen Voraussetzungen erfüllen. Zudem muss den Landesverbänden der Krankenkassen eine Skizze der Praxisräume, einen Mietvertrag und die Bestätigung der Praxis Anmeldung beim Gesundheitsamt vorliegen. Hinzu kommen noch die Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft, ein Nachweis der staatlich anerkannten Ausbildung, die abgeschlossene Berufshaftpflichtversicherung und die Institutionskennzeichen-Nummer. Erst wenn all dies und die Anerkennung der geltenden Vereinbarungen für die Versorgung der Versicherten von den Landesverbänden geprüft wurde, ist es möglich über die gesetzliche Krankenkasse abzurechnen. Dies bietet dann den Vorteil, dass weniger Aufwand mit der Abrechnung der Behandlungen entsteht. Außerdem ist ein Großteil der Bürger gesetzlich versichert und somit kann der Kundenstamm durch eine Kassenzulassung erheblich erweitert werden.
Physiotherapiepraxis Voraussetzungen für Privatpatienten
Auch Privatpatienten zu behandeln hat Vorteile. Zum Beispiel werden eine erhöht Anzahl von Verordnungen pro Diagnose ausgestellt. Des weiteren ist der Satz pro Behandlung ein höherer. Neben den Grundvoraussetzungen für eine Physiotherapiepraxis gibt es keine weiteren, die für das Behandeln von Privatpatienten erfüllt werden müssen. Die Frage, ob Privat oder Kassenpatienten ist bestenfalls schon früh zu klären, da für die Kassenzulassung einige Punkte zu beachten sind. Die Meisten Physiotherapeuten wählen eine Mischform zwischen Privat- und Kassenpatienten. So können Sie mehr Kunden behandeln und bei den Privatpatienten die höheren Sätze pro Behandlung und die erhöhte Anzahl an Verordnungen pro Diagnose nutzen.
Standortwahl
Insbesondere wenn man sich gegen eine Kassenzulassung entschieden hat, ist die Standortwahl für eine Praxis, je nach Fachrichtung oder Zielgruppe, interessant. Als Einzugsgebiet darf von einem Radius von drei bis fünf Kilometern ausgegangen werden. Es macht Sinn sich in diesem Radius die potentielle Kaufkraft, den Altersdurchschnitt und natürlich auch die Konkurrenz anzusehen. Wie Viele Praxen befinden sich in der Nähe? Welche Leistungen bieten sie an?
Es ist von Bedeutung zu recherchieren, ob vielleicht ein bestimmtes Angebot fehlt, damit eine Nische gefunden wird, in der eine Durchsetzung gegen Konkurrenten möglich ist. Ebenfalls bedeutend ist die Lage und Erreichbarkeit. Zu bedenken ist, dass der Patient nicht nur die Behandlung bewertet, sondern das gesamte Ereignis: dies beginnt mit der Terminvereinbarung, dem Weg zur Praxis (Erreichbarkeit mit Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln), dem Empfang, dem Wartebereich, der eigentlichen Behandlung und letztlich der Verabschiedung. Deshalb ist es nicht nur von Vorteiel eine gute Verkehrsanbindung zu haben, sondern auch die Räumlichkeiten ansprechend und professionell zu gestalten. Für Krankengymnastik-/Physiotherapie-Praxen gelten umfangreiche Einrichtungsrichtlinien, die eingehalten werden müssen. Diese finden sich hier.
Ein weiterer wichtiger Parameter (zumindest bei Kassenzulassung) ist die Nähe zu Patienten: Befinden sich Ärzte, Krankenhäuser oder Alten- und Pflegeheime in der direkten Umgebung, kann sich das durchaus positiv auf die eigenen Umsätze auswirken. Bestenfalls stellt man sich frühzeitig in den entsprechenden Einrichtungen persönlich vor. Heime, Ärzte und Krankenhäuser sind oft an einer engen Kooperation mit Physiotherapiepraxen interessiert. Ratsam ist es auch bei der Standortwahl auf eine ausreichend lange Laufzeit des Mietvertrags für die Praxisräume zu achten, damit nicht unerwartet ein vielleicht bereits etablierter Standort wieder aufgegeben werden muss.
Personalplanung
Von Beginn an zu überlegen, welche Aufgaben selbst übernehmbar sind und welche von Angestellten oder externen Dienstleistern erledigt werden müssen, ist von Vorteil. Effizienz ist ein bedeutungsvolles Kriterium. Die Abrechnungen, Buchhaltung und Steuerangelegenheiten kann ein Steuerbüro häufig schneller und besser erledigen, als man selbst. Auch beim Marketing ist es ratsam, sich professionelle Hilfe ins Boot zu holen. Ebenfalls muss eine Vertretungsregelung geschaffen werden. Denn jeder kann mal krank werden oder möchte Urlaub machen. Sollte eine Scheu bestehen, eigenes Personal einzustellen oder sollte es sich nicht ausreichend lohnen, kann die Zusammenarbeit mit einem freiberuflichen Therapeuten von Vorteil sein, der einen im Notfall auch vertreten kann. Dadurch ist die Flexibilität höher und die Reaktionsfähigkeit auf Veränderungen der Umsätze besser.
Eigenes Personal sollte gut geplant sein, denn es bedeutet immer große Verantwortung. Es ist sinnvoll ein kompetentes Team aufzubauen, in dem jeder seine Stärken einbringt. Vor allem als Physiotherapeut lohnt es sich ausreichend Zeit für die Personalsuche einzuplanen, da die derzeitige Arbeitsmarktlage positiv ist. Bei Unsicherheit, ob und wie eigenes Personal eingestellt werden soll, ist es ratsam professionelle Hilfe zu holen. Auch Steuerberater können bedeutsame Tipps zur Gestaltung von Arbeitsverträgen geben.
Rechtsformen
Eine der Fragen, die vor der Gründung zu beantworten sind, ist die Frage nach der Rechtsform. Einzelunternehmen oder GbR´s sind unbürokratisch und einfach zu gründen, allerdings wird hier mit dem gesamten privaten und geschäftlichen Vermögen gehaftet. Wenn man dies umgehen möchte, dann ist die GmbH ratsam. Die Haftung wird nur auf das Stammkapital von mindestens 25.000 EUR beschränkt, welches einzubringen sind, um die Kapitalgesellschaft zu gründen. Der Verwaltungsaufwand ist, sowohl bei der Gründung als auch später im laufenden Betrieb, jedoch recht hoch. Am sinnvollsten ist es, die Rechtsform im Zuge der Unternehmensentwicklung zu ändern. So entscheiden sich Gründer häufig dazu, mit einem Einzelunternehmen zu starten und dieses später in eine GmbH umzuwandeln.
Für Physiotherapeuten kann auch die Praxisgemeinschaft von Vorteil sein. Es ist die einfachste Art der Kooperation und sie ist gleichzeitig mit den geringsten juristischen Folgen verbunden. Bei der Praxisgemeinschaft agiert jede einzelne therapierende Person eigenständig. Lediglich die Anmietung und Nutzung der Praxisräume erfolgt gemeinsam und eventuell werden gemeinschaftlich Mitarbeiter beschäftigt. Rechtlich betrachtet handelt es sich jedoch um getrennte Einzelpraxen.
Die Partnerschaftsgesellschaft ist ebenfalls ein Zusammenschluss von Freiberufler*innen und unterliegt nicht der Gewerbesteuerpflicht. Die PG wird im Partnerschaftsregister beim Amtsgericht eingetragen. Ein Partnerschaftsvertrag ist für ihre Gründung erforderlich. Eine Haftungsbegrenzung kann vorgenommen werden, aber grundsätzlich haften die Partner auch mit dem Privatvermögen.
Steuern und Art der Tätigkeit
Grundsätzlich gilt, dass Heilbehandlungen im Kontext der Humanmedizin von der Umsatzsteuer befreit sind. Beim Verkauf von beispielsweise Heilmitteln auf eigene Rechnung, wird allerdings gewerblich gehandelt und daher muss für diese Umsätze ggf. Umsatzsteuer ausgewiesen und an das Finanzamt abgeführt werden. Für die Behandlung von Patienten ohne konkrete ärztliche Indikation muss womöglich ebenfalls Umsatzsteuer verlangt und abgeführt werden. Behandlungen im Anschluss oder Nachgang zu einer ärztlichen Verordnung sind seit 2012 umsatzsteuerpflichtig. Verfügt der Heilmittelerbringer allerdings über einen Heilpraktikerabschluss sind diese Leistungen wieder umsatzsteuerfrei.
Ob Freiberufler oder Gewerbetreibender wird vom Finanzamt zugeordnet, ist abhängig vom Tätigkeitsbereich und steuerlich relevant. Denn Freiberufler müssen keine Gewerbesteuer zahlen. Auch die Gewinnermittlung für die Steuererklärung kann in der Form einer einfachen „Einnahmen-Überschuss-Rechnung“ erstellt werden. Sie ist weniger aufwändig, als die Erstellung einer Bilanz. Als Gewerbetreibender ist eine Mitgliedschaft bei der Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer nötig. Generell gelten Heilmittelerbringer, wie Heilpraktiker, Osteopathen und Physiotherapeuten jedoch als Freiberufler. Die Einstufung als Gewerbebetrieb erfolgt nur unter folgenden Kriterien:
- Eröffnung einer zweiten Praxis oder Beschäftigung von mehr als drei Mitarbeitern
- Verkauf von Therapiematerialien
- Freiberufler stellt fachfremden Freiberufler ein
- Beteiligung eines Gewerbetreibenden als Mit-Gesellschafter
Da die Regelungen zur Umsatzsteuer sowie die Kriterien zur Einstufung durch das Finanzamt kompliziert sind, empfiehlt es sich bereits vor der Gründung Hilfe und Rat von einem Steuerberater einzuholen.
Marketing
Mit einem gut durchdachten Marketing-Konzept wird die eigene Zielgruppe besser erreicht. Es ist ratsam sich zu fragen, wer die potentiellen Kunden sind und wie Werbung effizient eingesetzt werden kann. Man muss sich außerdem Gedanken zu einer eigenen Corporate Identity und einem Corporate Design machen, um den Wiedererkennungswert bei allen Marketingaktivitäten zu steigern. Es ist ratsam gemeinsam mit einem Profi ein Logo und Geschäftsausstattung wie Briefpapier, Rechnungsbögen, Gruß- und Visitenkarten sowie Flyer und andere Werbemittel zu entwickeln.
Neben der klassischen Außenwerbung (Beschilderung am Gebäude) ist auch die Online-Präsenz wichtig. Bestenfalls wird eine professionelle Webseite erstellt, auf der die eigenen Leistungen präsentiert werden. Auch ein Google-Unternehmensprofil ist von Bedeutung, damit die eigene Praxis über Google Maps auffindbar wird. Außerdem ist zu prüfen, ob zum eigenen Konzept und der eigenen Zielgruppe eher klassische oder digitale Marketing-Aktivitäten passen. Digitale Aktivitäten können z.B. das Einrichten und die kontinuierliche Pflege von Social-Media-Profilen sein oder der regelmäßige Versand eines E-Mail-Newsletters. Zu den klassischen Maßnahmen können Zeitungsanzeigen und Plakate gehören sowie Neujahrsgrüße und Briefe/Postkarten mit Hinweisen auf Kurse in der Praxis.
Businessplan Physiotherapie
Vor allem die Einrichtung einer Praxis kann durch die Anschaffung von notwendigen Geräten und möglichen Baumaßnahmen in den Praxisräumlichkeiten kostenintensiv werden. Hinzu kommen die laufenden Kosten, wie Miete, Nebenkosten, Gehälter und Ausgaben für Werbung. Aus diesem Grund wird bestenfalls frühestmöglich eine detaillierte Finanzplanung erstellt, in der die nötigen Investitionen und Kosten aufgelistet werden. Möglichst realistische Umsatzprognosen zu erarbeiten bietet den Vorteil, dass so prüfbar ist, wie rentabel das Unternehmen wird. Hier ist es ratsam, sich professionelle Hilfe im Rahmen eines Gründercoachings zu holen. Dabei wird nicht nur das Geschäftskonzept in Form eines Businessplans gemeinsam erarbeitet, sondern auch der Zahlenteil. So wird ersichtlich, was auf einen zukommt und wie viel Kapital für die Gründung der Praxis benötigt wird.
Falls ein Bankdarlehen benötigt wird, macht es Sinn sich über Existenzgründerkredite im eigenen Bundesland zu informieren. Diese haben besonders günstige Konditionen. Allerdings ist für die Gewährung die Vorlage eines tragfähigen Businessplans nötig. Darin wird das Geschäftskonzept inklusive aller relevanten Faktoren vorgestellt. Ebenso sollte darin eine Markt- und Konkurrenzanalyse sowie die Finanzplanung erläutert werden. Für jeden ist die Erstellung eines Businessplans von Vorteil. Eventuelle Lücken und Schwachstellen des Konzepts werden schnell sichtbar. Beim konsequenten Schließen dieser, wird mehr Sicherheit bezüglich des eigenen Vorhabens erlangt und Selbstbewusstsein für das Gründungsvorhaben geschaffen.
FAQ´s
Was brauche ich um mich als Physiotherapeut selbstständig zu machen?
Es werden gewisse Voraussetzungen auf persönlicher Ebene aber auch von den Räumlichkeiten und der Ausstattung her benötigt. Auf der persönlichen Ebene sind Grundeigenschaften, wie Durchhaltevermögen, Willensstärke und ein langer Atem zu nennen. Außerdem benötigt wird eine abgeschlossene Physiotherapeuten Ausbildung und ausreichend Kapital, um erste Investitionen zu tätigen, benötigt. Des Weiteren muss die Mindestgröße der Praxis 50 Quadratmeter und die Mindestgröße der Therapiefläche 32 Quadratmeter betragen und es müssen mindestens zwei Behandlungsliegen in voneinander getrennten Kabinen vorhanden sein, sowie eine Behandlungsliege für Hausbesuche.
Wie viel verdient man als selbstständiger Physiotherapeut?
Die Gehälter in diesem Bereich sind abhängig von der eigenen Erfahrung und dem Standort. Allerdings lässt sich sagen, dass sie ungefähr zwischen 1.800,00 € und 4.600,00 € liegen.
Ist ein Physiotherapeut Freiberufler?
Alle Physiotherapeuten sind steuerlich gesehen als freiberufliche Selbstständige steuerlich zu behandeln.
Wer darf Physiotherapie anbieten?
Jeder, der eine abgeschlossene Physiotherapeuten Ausbildung hat und entweder in einer Praxis angestellt ist oder eine eigene Praxis nach den gegebenen Vorgaben besitzt.